Wilde Zeiten im Rettungsdienst. Teil 1.

Ich fuhr mit Bodo Schütz im Krankenwagen. Obwohl er zu der Zeit weiter qualifiziert war, fuhr er selbst, offenbar machte es ihm Spaß, und mir war es recht so. Es muß im Sommer oder Herbst 1990 gewesen sein. Der Tag lag gemütlich auf uns sorglosen Burschen, wir fuhren Patienten hin und her, von zuhause zum Arzt, von der Dialyse zum Altersheim, vom Krankenhaus nachhause. Gelegentlich kam ein Noteinsatz herein, dann hatten wir ein bißchen Abwechslung. Aber meistens war es der ruhige Trott des Krankentransports.

Unser Wagen war ein umgebauter VW-Transporter. Vorne im Cockpit, zwischen Armaturenbrett und dem Bereich beim Beifahrer, wo den Autoherstellern außer einem Handschuhfach nichts mehr einfällt, befand sich ganz unvermittelt ein Loch mit einer schlichten Alublende drumherum. Und Löcher haben die Eigenschaft, Fragen zu stellen. Ich hatte einen Kuli in der Hand. Tja, was macht man in so einer Situation als junger Mann, wenn man sonst gerade nichts zu tun hat und so gar keine Einfälle hat? Bodo konzentrierte sich auf den Verkehr, und wie von unsichtbarer Hand gelenkt, strebten die Elemente zueinander, wie es seit Anbeginn der Welt ein unumstößliches Gesetz ist. So kam es, wie es kommen mußte.

Wie Bodo da gerade so fuhr und nicht wußte, daß ich meinen Kugelschreiber gerade völlig gedankenlos im Armaturenbrett versenkte, gab es irgendwo im Innern der Fahrzeugelektrik einen sanften Knall und danach war unser Krankenwagen mausetot. Er rollte einfach nur aus. Er ließ sich nicht mehr starten. Bodo versuchte es einige Male und verlor schnell die Beherrschung. „Du bist weich!“, brüllte er mich an. Ja, ich weiß nicht, ich habe immer die Menschen an ihre emotionalen Grenzen gebracht, ganz absichtslos. Ich weiß nicht mehr, ob das Funkgerät noch ging oder ob Bodo die Rettungsleitstelle per Telephon über unseren Ausfall informierte. Es war peinlich, aber es hatte keine Konsequenzen.

Nächstes Mal erzähle ich Euch, wie ein VW-Bus mit heißgelaufener Kupplungsscheibe stinkt.